Landeskonferenz der Gleichstellungsbeauftragten an Sächsischen Hochschulen

Positionspapier

Download: LaKoG Positionpapier 2021

Als Zusammenschluss der Gleichstellungsbeauftragten an sächsischen Universitäten und Hochschulen sieht die LaKoG ihren strategischen Auftrag darin, ihre Mitgliedseinrichtungen auf dem Weg zu einem Kulturwandel für mehr Chancengerechtigkeit zu unterstützen. Die folgende Ausführungen sind auf der Grundlage einer langjährigen Expertise in der praktischen Gleichstellungsarbeit an unterschiedlichen Hochschultypen erarbeitet worden und kommunizieren die aktuelle Position der LaKoG.

Stärkere Anerkennung und Wertschätzung in der Gleichstellungsarbeit

Gleichstellung ist Querschnittsthema und Qualitätsmerkmal zugleich. Diese Überzeugung findet sich in jedem Leitbild und allen thematisch einschlägigen Rahmenplänen sächsischer Hochschulen wieder. In der konkreten Umsetzung von Zielvorgaben, die teilweise als budgetrelevante Leistungsindikatoren Relevanz besitzen, gibt es in Sachsen im bundesdeutschen Vergleich dennoch nach wie vor enorme Herausforderungen.

Statistisch sichtbar wird dies vor allem in der anhaltenden Unterrepräsentanz von promovierten Frauen im Mittelbau wie auch hinsichtlich des unterdurchschnittlichen Frauenanteils bei den Professuren, insbesondere in der Kategorie W3.

Zu beobachten ist gleichzeitig eine kontinuierliche Erweiterung an Themen im Kontext von
Geschlechtergerechtigkeit, Diversity und Inklusion. In Resonanz auf gesamtgesellschaftliche Entwicklungen gilt es, diese auch und gerade an Hochschulen zu reflektieren und ihnen mittels entsprechender Strukturen und Maßnahmen angemessen zu begegnen. Der Umgang mit diesen neuen (vielfältigen) Themen erfordert fachliche Professionalität und praktische Umsicht.

Wir als LaKoG fordern daher eine stärkere Anerkennung und Wertschätzung der vor Ort geleisteten Arbeit und der hierbei erworbenen Expertise. Die Gleichstellungsakteur:innen sollen in hochschulinterne und -externe Meinungsbildungsprozesse bei Entscheidungen zu oben genannten Themenkomplexen frühzeitig und umfassend einbezogen werden sowie die Möglichkeit zur Stellungnahme erhalten. Dies betrifft insbesondere die hochschulrelevanten Gesetzesnovellierungen, die (Aus-) Gestaltung von Förderprogrammen auf Landesebene sowie die Zielvereinbarungen zwischen Freistaat und Hochschulen.

Nachhaltige Ressourcenausstattung

Anerkennung und Wertschätzung sollen sich auch in einer spürbaren Verbesserung der Rahmenbedingungen manifestieren, in denen das Engagement der Gleichstellungsakteur:innen derzeit erfolgt. Die LaKoG plädiert für eine Landesfinanzierung im Rahmen des Globalbudgets oder für eine stetige stellenbezogene Finanzierung für die Gleichstellungsarbeit an den Hochschulen. Diese soll an einen Katalog einheitlicher (Mindest-)Standards für die Ausstattung und Entlastung der mehrheitlich nebenamtlich aktiven Gleichstellungsbeauftragten gekoppelt sein.

Zur Ausstattung gehören vor allem adäquate Räumlichkeiten zur Wahrnehmung der vielfältigen Beratungsaufgaben, Sach- und Personalmittel zur Durchführung von Projekten und Öffentlichkeitsarbeit sowie zur Teilnahme an amtsrelevanten Weiterbildungsangeboten. Die LaKoG empfiehlt hier für zentrale Gleichstellungsbeauftragte an großen Einrichtungen wie den Universitäten eine Entlastung von 100%, an kleineren Einrichtungen mindestens ein bis zu 30% verkleinertes Lehrdeputat für wissenschaftlich und/oder künstlerisch Beschäftigte sowie eine Entlastung von 25% der regulären Arbeitszeit bei Beschäftigten in Technik und Verwaltung. Eine konkrete Staffelung möglicher Entlastungsoptionen ist jeweils hochschulintern verbindlich in einer Ordnung zu integrieren. Dabei ist auch die Entlastung der dezentralen Gleichstellungsbeauftragten zu regeln.

Neben einer nachhaltigen Ressourcenausstattung der Gleichstellungsakteur:innen an den Hochschulen sowie deren kontinuierliche Professionalisierung sind Gelegenheiten für Austausch und Vernetzung unabdingbar. Vor diesem Hintergrund erachtet die LaKoG die finanzielle und personelle Stärkung der Koordinierungsstelle zur Förderung der Chancengleichheit an sächsischen Universitäten und Hochschulen für notwendig. Sie leistet mit ihren Informations-, Weiterbildungsund Vernetzungsangeboten seit Jahren eine unverzichtbare und allgemein anerkannte Arbeit.

Auch die regelmäßige Einladung externer Expert:innen zur unabhängigen Evaluation und Ideenfindung bei der weiteren Konzeptentwicklung unterstützt die Qualitätssicherung in der Gleichstellungsarbeit. Stärkerer Einbezug in die Beratung von Wissenschaftspolitik und –verwaltung in Gesetzgebungsverfahren Die LaKoG verfügt über entsprechende Kompetenzen, um die Wissenschaftspolitik und -verwaltung auf dem Gebiet der Chancengerechtigkeit fundiert bei hochschulrelevanten Gesetzesnovellierungen und bei der (Aus-)Gestaltung von Förderprogrammen auf Landesebene zu beraten und zu begleiten.

Dies kann sich befruchtend auf die „sächsische Gleichstellungslandschaft“ auswirken. Wir fordern eine explizite Einbeziehung unserer Expertise in den regelmäßigen Abstimmungsprozess zwischen dem Sächsischen Staatsministerium für Wissenschaft, Kultur und Tourismus und den Leitungen der Hochschulen zu den Zielvereinbarungen ein, und dies mindestens bei der Ausgestaltung der Abschnitte zu Gleichstellung sowie zu Dritte Mission – Gesellschaftliche Rolle und soziale Verantwortung.

Es bedarf eines modernen Gleichstellungsgesetz für Sachsen, in dem die Anerkennung geschlechtlicher Vielfalt in stringenter Berücksichtigung des 2018 geänderten Personenstandgesetzes (PStG) selbstverständlich ist und in dem bspw. die Frage der Vereinbarkeit von Sorgearbeit und Beruf/Studium für alle Geschlechter behandelt wird. Im Hinblick darauf ist das sächsische Frauenfördergesetz in seiner heutigen Form grundsätzlich zu überdenken.

Die LaKoG spricht sich für eine landesweite Richtlinie zur Durchsetzung einer gender- und diversitätssensiblen Sprache aus. Die anhaltende Verwendung des generischen Maskulinums in Gesetzestexten und Verwaltungsvorschriften bis hin zu hochschulspezifischen Ordnungen ist aus Sicht der Gleichstellungsakteur:innen nicht mehr vermittelbar. Es muss eine Möglichkeit geschaffen werden, eine inklusive Schriftsprache im öffentlich-rechtlichen Raum zu etablieren, die auch den modernen Standards der Barrierefreiheit nach der Verordnung zur Schaffung barrierefreier Informationstechnik nach dem Behindertengleichstellungsgesetz (BITV 2.0) entspricht.

Die LaKoG definiert ein ausgeglichenes Verhältnis der Geschlechter in allen Beschäftigtengruppen als Kernkriterium gelungener Gleichstellungsarbeit. Als wirksames Instrument zur Behebung der Unterrepräsentanz von Frauen insbesondere bei den Professuren und im Mittelbau soll nach dem Beispiel der meisten Bundesländer ein Chancengerechtigkeitsprogramm auf Landesebene implementiert werden.

Steigerung der Präsenz von Frauen auf allen Qualifikationsstufen

In einem Chancengerechtigkeitsprogramm definierte Maßnahmen zur Erhöhung des Frauenanteils bei den Professuren sollten durch eine konsequente Intensivierung der Bemühungen zur Gewinnung von motivierten Kandidatinnen flankiert werden.

Für die Erhöhung des Frauenanteils bei Professuren ist die Thematik der Vereinbarkeit von Beruf und Sorgearbeit und damit vor allem die Planbarkeit von Karrieren von eminenter Bedeutung. Eine Teilzeit-Professur kann hier eine attraktive Lösung darstellen, ihre Wahrnehmung darf aber nicht mit Benachteiligungen verbunden sein. So wäre zu prüfen, ob eine Verbeamtung in Teilzeit ermöglicht werden kann, wie dies bspw. in Sachsen-Anhalt gegeben ist.

Auch der Wechsel von einer Teilzeit-Professur in eine Vollzeit-Professur sollte regulär als Option bereitstehen. Darüber hinaus muss für Wissenschaftlerinnen und Künstlerinnen mit jüngeren Kindern und/oder Pflegeaufgaben, die Vollzeit arbeiten möchten und daher direkt den Einstieg in die Vollzeit-Professur nehmen, eine Infrastruktur an flexiblen und mit ausreichend Kapazitäten ausgestatteten Betreuungsangeboten bereitgestellt werden. Die Unterstützung bei anstehendem Ortswechsel durch einen angemessen ausgestatteten Dual-Career-Service sollte Standard an allen Hochschulen sein.

Eine Erhöhung des Frauenanteils im Mittelbau ist ebenfalls konstante Zielsetzung in der Gleichstellungsarbeit. Befristete und unbefristete Stellen sollten grundsätzlich mit der Option zur Teilzeit und später möglichen Aufstockung in Vollzeit öffentlich ausgeschrieben werden. Darüber hinaus sind bspw. zugunsten der Vereinbarkeit von Beruf und Sorgearbeit die möglichen Vertragslaufzeiten voll auszuschöpfen und eine Flexibilisierung durch Home-Office und mobiles Arbeiten zu gewähren.

Generell ist es wichtig, Frauen in Form gezielter Weiterbildungsmaßnahmen zur Vorbereitung auf die Bewerbung um Professuren und wissenschaftliche und künstlerische Leitungspositionen zu fördern. Zielgruppen derartiger Weiterbildungsmaßnahmen sind Führungskräfte und Nachwuchskräfte an sächsischen Hochschulen genauso wie Personen in Unternehmen, die bspw. für eine Professur an einer Hochschule für Angewandte Wissenschaften sensibilisiert sind. Die Durchführung derartiger Maßnahmen ist ohne Bereitstellung ausreichender finanzieller Ressourcen nicht möglich.

Stärkung der Geschlechter-/ Diversityforschung in Sachsen

Aus Sicht der LaKoG braucht es in Sachsen mehr Lehrstühle für Geschlechter- und Diversityforschung und gleichzeitig eine deutliche Belebung des Transfers zwischen Wissenschaft und Gleichstellungsarbeit. Sie können wesentlich zur Weiterentwicklung des Themas „Gendersensible Lehre“, insbesondere im Hinblick auf die Studentinnenanteile in MINT-Fächern, beitragen.

Zudem können die Lehrstuhlinhaber:innen zur fundierten Definition von Gleichstellungsindikatoren beitragen, die konsequent in die Qualitätsmanagementsysteme der Hochschulen implementiert werden. Auch hier bedarf es deutlich mehr an Bündelung und Transparenz noch dezentral gelagerter Daten über die Umsetzung und Wirkung von Gleichstellungsmaßnahmen, um Gleichstellungskonzepte erfolgreich optimieren und Prozesse effektiver organisieren zu können.


Vgl. Burkhardt, A. / Haarlandt, F. (2018): Dem Kulturwandel auf der Spur. Gleichstellung an Hochschulen in Sachsen. Im Auftrag des Sächsischen Staatsministeriums für Wissenschaft und Kunst (HoF – Arbeitsbericht 107), unter Mitarbeit von Zozan Dikkat und Charlotte Hansen, Institut für Hochschulforschung (HoF) an der Martin-Luther-Universität. Halle-Wittenberg 2018. Online unter: https://www.hof.uni-halle.de/…/AB_107.pdf.

Vgl. Löther, A. (2019): Hochschulranking nach Gleichstellungsaspekten 2019 (cews. publik, 23). Köln: GESIS – Leibnitz – Institut für Sozialwissenschaften Kompetenzzentrum Frauen in Wissenschaft und Forschung (CEWS). Online unter: http://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:0168-ssoar-64113-9. Der Doppelpunkt kommuniziert bei verschriftlichten Inhalten eine Sensibilität für Geschlechtervielfalt. Er ist barrierearm.